Rezension: 9 Tage wach, Eric Stehfest

Freitag, 28. April 2017

Ein Buch wie im Rausch
Wenn die Droge zu deiner Schwester wird, wenn du schon einen Abschiedsbrief an dich selbst verfasst hast, dann bist du am Ende.
Eric Stehfest hat es erlebt, zehn Jahre war Christin seine "Schwester", seine ständige Begleiterin - Crystal Meth. Mit ihr fiel er unglaublich tief und hat sich dennoch gerettet. Nun berichtet er schonungslos, direkt, unverstellt und berauschend literarisch von seinem Doppelleben, seinem Entzug und seinem Leben danach.
Ein großes Dankeschön geht an Nadja Schreiber, mit der ich unendlich lieben E-Mailkontakt habe und an den Edelverlag für die Bereitstellung des Rezensionexemplares. Es war mir eine riesige Ehre das Buch für euch lesen und jetzt rezensieren zu dürfen!

Ich möchte allen, die diesen Text lesen und mir nicht auf Instagram folgen, nochmal eine kleine Geschichte aus meinem Leben erzählen. Ich war etwa 11/12, als meine Mama eines Tages mit einem Buch in der Hand in mein Zimmer kam. Das Buch war schon wirklich sehr alt und fiel in seine Einzelteile zusammen. Sie fragte mich: "Kannst du mir bitte einen Gefallen tun und dieses Buch lesen? Ich war etwa 13 als ich das Buch das erste mal gelesen habe. Die Geschichte hat mich sehr geprägt und ich möchte dir dieses Buch schenken, damit du auch aus diesem Buch lernst." 
Ich habe zu diesem Zeitpunkt nicht gelesen und habe mich auch wirklich gefragt warum sie mir dieses Buch in die Hand drückt. Gelesen habe ich es trotzdem und mit diesem Buch hat sie mein Interesse an Drogen entfacht. Wir Kinder vom Bahnhof Zoo. Damit meine ich nicht das ich scharf darauf war Drogen zu nehmen, es hat mich tatsächlich abgeschreckt, aber mein Interesse an dem was wohl in einem Menschen passiert, egal ob es die Beweggründe sind oder wirklich was mit der Psyche und dem Körper passiert, das wächst seitdem immer mehr und unaufhörlich. Ich verschlinge Zeitungsartikel zu dem Thema und versuche mich immer irgendwie weiter zu bilden, schaue mir Dokus an etc. 

Die Meisten von euch kennen Eric Stehfest wahrscheinlich als Chris Lehmann aus der Seifenoper GZSZ. Auch ich kenne ihn daher und bin #TeamChris aus vollstem Herzen. Ich verfolge Eric Stehfest deswegen auch seit längerem auf seinen sozialen Netzwerken und habe ihm bei Let's Dance auch wirklich feste die Daumen gedrückt und gehofft, das er gewinnt, was ja leider nicht der Fall war.
Seine Drogenvergangenheit war sehr oft Thema in den Einspielern von Let's Dance und damit hat er mich natürlich noch mehr in seinen Bann gezogen. Wie oben schon geschrieben, bin ich sehr Interessiert in die Geschichten von (Ex-)Junkies und in Verbindung mit einem Schauspieler den ich sehr gerne mag, konnte ich mir nicht entgehen lassen.

Crystal Meth (auch genannt Crystal, Meth, Ice...) ist eine synthetisch hergestellte Substanz, die aussieht wie ein Kristall.  Es ist eine preisgünstige Droge und gehört zu den am schnellsten zerstörenden. Es wird geschupft, geraucht oder gespritzt.
Die Droge ist eher als "Partydroge" bekannt, weil sie Euphorie verursacht und somit das Schlafbedürfnis verringert, gleichzeitig die Leistungsfähigkeit und das sexuelle Verlangen steigert. Mit der steigerung des sexuellen Verlangens, sinkt aber die sexuelle Leistungsfähigkeit. Hunger - und Dustgfühle werden vermindert.
Bei höheren Dosierungen können Halluzinationen, Krämpfe und Anfälle auftreten, die schließlich auch bis zum Tod führen können.
Langfristige Schäden von Crystal Meth sind, um nur ein paar von vielen zu nennen, Depressionen, Psychosen, Schädigungen von Leber, Niere und Lunge, Zahnverfass und Hirnschäden (ähnlich der Alzheimerkrankheit) so wie Schlaganfall und Epilepsie sein.
Crystal Meth wurde übrigens schon im zweiten Weltkrieg unter dem Namen "Panzerschokolade" verwendet. Damit wurde das Angstgefühl gemindert und die Leistungs und Konzentrationsfähigkeit bei Soldaten etc. gesteigert.

9 Tage wach_Eric Stehfest_edel Books_Foto 03_© Privat
Eric ist in einem kleinen Dorf aufgewachsen, jedoch hat es ihn mit 12 Jahren in die Großstadt, nach Dresden, gezogen. Dort kam er das erste Mal mit Drogen (Haschisch) und der Liebe in Berührung. Ein Jahr später nahm er das erste Mal Crystal Meth. Er wollte umbedingt in einen Club rein. Die Aussichten so jung in einen Club zu kommen gehen jedoch gleich null. Wochenlang hat er sich vor dem Club betrunken und Menschen beobachtete. Den Kleidungsstil und auch die Verhaltenmuster guckte er sich ab, kam in ein Gespräch mit ein paar Leuten und nahm das erste mal Crystal Meth. Das war der Beginn von etwas ganz schrecklichem, ein hoch und tief an Gefühlen und an Lebensqualität. Entzüge scheiterten, bis er schließlich 9 Tage am Stück wach war und sich sicher war, er würde sterben sobald er die Augen schloss. Ich möchte euch nicht zu viel vom Inhalt verraten, weil ich der Meinung bin das man es niemals schaffen würde den ganzen Inhalt in eine Rezension zu packen. Erics Geschichte ist so umfassend und so bewegend, das ich euch auch nicht zu viel verraten will. Ich kann euch nur ans Herz legen euch dieses Buch zu kaufen und euch durchzulesen, was dieser junge Mann uns zu erzählen hat.
Zugegeben, ich habe eine paar Seiten gebraucht um in die Thematik und auch in die Sprache zu finden. Eric benutzt sehr abgehackte Sätze, wechselt oft Gedanken und führt viele Dinge auch nicht zu Ende. Auch wenn das in dem Moment sehr schwer zu verstehen war und ich oft einfach nur verwirrt war, ist das eine sprachliche Meisterleistung. Er gibt einem damit das Gefühl selbst auch drauf zu sein, man vergisst seine Umwelt und kann sich in Eric hineinversetzen. Was ebenfalls, für mich, eine Meisterleistung ist, das er in der dritten Person spricht. Ich denke, das ist ein Schutzmechanismus für ihn, aber auch für den Leser an sich. Er offenbart einem sein Leben und gleichzeitig hat man trotzdem das Gefühl, das man Erics Geschichte nicht wirklich kennt. Das macht es für mich persönlich einfacher Abstand zu Eric zu gewinnen und nicht das Gefühl zu haben ihn zu kennen, so kann ich auch jeglichen Respekt aufrechterhalten und würde ihm respektvoll entgegen treten und nicht mit dem Gefühl einen alten Bekannten wieder zu treffen.
Trotzdem läuft mir persönlich die Geschichte ein bisschen hinterher und sie ist schwer verdaulich für mich. Das äußert sich einfach darin, das ich heute den ganzen Tag, nach Beendigung des Buches, ein wenig in mich gekehrt war und viel nachgedacht habe, ein wenig niedergeschlagen und eher ruhiger war. Das ist nicht unbedingt etwas negatives, weil das ein gutes Buch und eine gute Geschichte für mich ausmacht. 
Es regt einfach unglaublich zum denken an. Während des lesens habe ich mich meistens gefragt "wie kann ein Mensch so viel ertragen?" und "wie hat Eric geschafft das zu überleben?" 

Ich habe angefangen mein eigenes Leben zu überdenken und mit ein wenig Distanz anzuschauen. An manchen Stellen in meinem Leben habe ich Dinge entdeckt, über die ich nach dem Buch nur lachen konnte und wo ich mir jetzt zu sagen versuche, das es Dinge gibt, Probleme, die um einiges schlimmer sind als diese Kleinigkeit. Ich habe heute Morgen, als ich das Buch beendet habe, angefangen mein Leben ein bisschen mehr zu schätzen. Eric vermittelt und gibt einem das Gefühl, das jede Phase und jedes Problem im Leben irgendwie behoben werden kann, wenn man nur fest an sich glaubt und alleine aus diesem Grund sollte man das Buch lesen. Nicht nur um sich eine Geschichte von einem sehr Charakterstarken Menschen durchzulesen, sondern auch, weil man dadurch auch ein bisschen was über sich selbst lernt. 
Abgesehen davon das es ein Buch ist in dem man viel über sich selbst nachdenkt, lernt und auch das eigene Leben ein wenig überdenkt, geht es um ein Thema da in unserer Gesellschaft totgeschwiegen wird. Mir persönlich geht das schon einige Zeit auf die nerven. Ich verherrliche Drogen nicht, finde das die Legalisierung von Drogen das Anfang vom Ende ist und habe noch nie und werde niemals etwas in der Art ausprobieren, jedoch finde ich wichtig das man darüber spricht. Es gibt aber keinerlei Aufklärung über das Thema Drogen. Meine Schulzeit ist gerade mal zwei Jahre her und ich habe in meiner Schullaufbahn nichts dergleichen gelernt. Es war kein Thema im Biologieunterricht, wir haben Theaterstücke zu jedem erdenklichen Thema gehabt, außer zu Drogen und generell wurde darüber im Unterricht mehr Witze gemacht, als das sich ein Lehrer wirklich mal die Zeit genommen hat um uns aufzuklären und uns zu sagen was es überhaupt für Drogen sind und was es mit einem macht. In "9 Tage wach" erzählt Eric ganz schonungslos wie das Leben mit Drogen ist und alleine deshalb sollte es einfach als Schullektüre in jeden Lehrplan aufgenommen werden oder es sollte wenigstens im Unterricht darüber aufgeklärt werden, was Drogen mit einem machen. Vor allem Crystal. Es ist nun mal eine Drogen, die einen Leistungsstärker macht und ich kann mir sehr gut vorstellen das es vielleicht unter tausend Abiturienten mindestens 550 über Mittel nachdenken wie sie mehr Leistung erbringen können mit möglichst wenig Schlaf. 

Dieses Buch war, auch wenn die Sprache wirklich schwer ist, eine absolute Meisterleistung und ich sehe keinen Grund dieses Buch nicht zu lesen. Auch wenn euch Eric als Schauspieler nicht zusagt oder ihr die Rolle von Chris Lehmann nicht mögt, legt das ab. Eric und Chris sind zwei unterschiedliche Menschen und dieses Buch hat es verdient gelesen zu werden und Eric hat es verdient das man ihn nicht nur als Chris abstempelt, sondern als Menschen ansieht, der eine nicht so schöne Vergangenheit hat.
Und an Eric, falls du das hier irgendwann mal lesen solltest: Es ist schön das du noch da bist, es ist schön das deine Frau noch da ist und es ist so schön das ihr einen kleinen, mit Sicherheit, wundervollen Sohn habt. Danke das du deine Geschichte mit der ganzen Welt teilst. Das ist vermutlich nicht einfach. Man macht sich verletzlich damit, man bietet Menschen Angriffsfläche. Es ist, als würde man sich nackt auf den Marktplatz stellen, nur das du deine Geschichte mit ganz Deutschland und nicht nur mit einem kleinen Stadt oder einem kleinen Dorf teilst. Das ist nicht selbstverständlich. Du hättest deine Geschichte und dein Leben auch für dich behalten können, aber du machst anderen Mut damit und zeigst den Menschen das dieses Thema nicht totgeschwiegen werden darf, weil diese Droge ein Geist ist, wie du selbst sagst.Ich wünsche mir für dich, das du dein Ziel erreichst und mit deinem Buch etwas bewirken kannst, im Gesundheitsministerium und wenn es nicht klappt, dann hast du die Menschen "wenigstens" zum Teil aufgeklärt und ihnen einen Einblick in die Welt eines Methjunkies gegeben.  Hoffentlich darf ich dich bald auf einer Lesung persönlich kennen lernen.
Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute und nur das Beste.
#SchenkDirEinLächeln

Das Buch kriegt, ohne Frage, 5/5 Sterne von mir.

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